Chronik Nr.164 vom 11.09.2009 Ort der Handlungen : Auf dem Planeten ch'Athann / Kyrene und auf der ChR Drolae ChR Drolae Bordzeit: 24.12.2375 , 12:20 Uhr bis 12:40 Uhr >>> Rhuissa erwacht <<< ------------------------------------------------------------------------ --- Sternzeit 52982,2 - 24.12.2375 , 12:20 Uhr --- ------------------------------------------------------------------------ ---[ Auf dem Planeten ch'Athann ]--- >> Beim Wrack der Mhi'Fhorthain << Auch Sovek kam ihm die Laute sehr bekannt vor. Er brauchte nicht mal sein Universal-Übersetzer neu justieren. "Romulaner?" Fragte Sovek irritiert. "Die Stimmen kommen mir nicht bekannt vor. Aber die Laute. Das ist rihannisch." seine Schritte wurden schneller und war sehr schnell neben Aidoann. "Das müssen überlebene des rihannischen Schiff sein. Sie schauen nach und ich gebe Rückendeckung." Sovek nahm sein Disruptor. "Nur für den Fall, das die da nur so tun, als wären sie das, wozu wir sie halten." Aidoann platzte fast vor Wut. Der hatte doch wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank... "Habe ich das richtig verstanden? Sie wollen mich, eine Anfängerin, zu den Bewohnern dieses Planeten, oder wer auch immer das ist, schicken? Weiß Yaros, dass sie mich als Kanonenfutter benutzen?" Sie fügte noch ein mehr als spöttisches "Riov" hinterher. Sie wusste schon, warum sie in der Nähe von dieser verdammten Katze und diesem Irren immer so ein schlechtes Gefühl hatte. Nun sollte sich das bestätigen, was sie befürchtet hatte. Sie war alleine mit Sovek und konnte nichts machen - ausser seine verdammte Befehle ausführen. Sie hatte so eine Stinkwut im Bauch, dass sie einfach losstiefelte. Wenn schon sterben, dann mit erhobenem Kopf. Aidoann näherte sich den Stimmen - sehen konnte sie noch niemanden. In ihrer Wut achtete sie nicht richtig auf den unebenen Boden und als unter ihren Füßen ein paar Steine wegrutschten, knickte sie um und fiel mit einem Wehlaut hin... "Hättest Du mich mal mitgenommen...", seufzte Rabhan, "Mir fiel allerdings nicht die Decke, sondern ein gewisser Riov auf den Kopf." In diesem Moment war ein Rascheln und Poltern zu hören, begleitet von einem Aufschrei. Die Geräusche kamen nicht von dem einzig anderen Anwesenden - Keras - und seine Stimmlage war es erst recht nicht. Rabhan blickte in die Richtung und schüttelte mißmutig den Kopf. "Toben hier draußen wieder Kinder um das Wrack? Ich habe schon einmal welche hier gesehen. Es ist furchtbar gefährlich, man kann hier die Felsen runterfallen und was alles im Wrack passieren kann, mag ich mir gar nicht ausmalen. Komm, sehen wir nach." Er ging in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war und kletterte einen Hügel nach oben. Fast oben angekommen, wandte er sich Giellun zu. "Ich hoffe sehr, daß Du mich nachher mit zurücknimmst. Solche Wandertouren sind nichts mehr für einen alten Knochen wie mich." Und dann folgte die Überraschung des Tages, als er den Hügel endlich erklommen hatte. Vielleicht ein paar Meter von ihm entfernt, lag jemand am Boden. Ein Jemand, der schlagartig Erinnerungen zurückbrachte. An Uniformen, an die Galae, an Befehlsketten und Arbeit unter Hochdruck. An Heimat und Vertrautes. An junge, pflichtbewußte Offiziere... Da unten lag zweifelsfrei das Crewmitglied eines rihannischen Schiffes. Ein lebendiges rihannisches Crewmitglied, das offenbar gerade Bekanntschaft mit athannischem Boden gemacht hatte. Rabhan winkte Giellun eilig zu sich, ohne den Blick abzuwenden und sagte dann: "Sieh und sag mir, daß ich nicht träume. Da scheint mir gerade jemand vom Himmel gefallen zu sein." Giellun beeilte sich, hinter Rabhan her den Hügel hinaufzusteigen. Er hatte den Aufschrei auch gehört, aber er fand nicht, dass es nach einem Kind geklungen hatte und wollte wissen, wer sich da in der Nähe des Wracks herumtrieb. Für einen "alten Knochen" kam Rabhan noch recht flott voran, dachte er feixend und kletterte schneller. Endlich hatte auch er den Gipfel erreicht und spähte auf der anderen Seite hinunter. Die junge Frau lag auf dem felsigen Boden wie eine Erscheinung. Giellun blinzelte zweimal, dreimal, aber das Bild blieb. Wäre Rabhan nicht direkt neben ihm gestanden, hätte er in diesem Moment geglaubt, er würde für immer und unheilbar verrückt. Irgend etwas in ihm, das jahrzehntelang fest zusammengepresst gewesen war, dehnte sich aus und kam in Bewegung. "Ich sehe sie auch", flüsterte er heiser und ohne jeden Anflug von Ironie. Zu sehr steckte ihm sein Erlebnis an der Funkanlage noch in den Knochen. Und dann sah er noch mehr. Ein gutes Dutzend Meter hinter der gestürzten Frau wucherte dichtes Gestrüpp, und aus den Blättern heraus ragte der Lauf eines rihannischen Disruptors. "Rabhan", zischte Giellun ihm zu, "bei den Büschen! Sie ist nicht allein!" War die hübsche junge Frau nur ein Lockvogel? Hastig suchten Gielluns Augen die nähere Umgebung nach Deckung ab. Verdammt, das tat weh und nur dieser verdammte Sovek war an allem Schuld. Aidoann hatte so eine Wut im Bauch, dass kein Platz mehr für Angst war. Und nun starrten sie diese beiden Typen auch noch an, als wäre sie ein seltenes Tier, statt ihr mal zu helfen. "Kche'tcha" fluchte sie ziemlich undamenhaft, "Is thdhjom mhogej ehllan-tcha?"* Dann wandte sie den Blick zu den Männern und fauchte: "Vielleicht könnte mir einer der Herren mal aufhelfen, statt sich an meiner prekären Lage zu erfreuen!!!" Oha, die Frau konnte ja fluchen wie ein havrannischer Ale-Kutscher! Es klang so unmysteriös und lebensnah, dass es Gielluns letzte Zweifel über ihre Echtheit zerstreute. Er musste lächeln. "Sehr gern", antwortete er und breitete die Hände aus, um demjenigen, der im Gebüsch den Disruptor hielt, zu zeigen, dass er unbewaffnet war und keine Bedrohung darstellte. "Aber zuerst müssen Sie Ihrer Begleitung sagen, dass er oder sie herauskommen und die Waffe niederlegen soll." Sovek trat heraus und trat neben die am Boden liegende Aidoann, um sie zu beschützen. Den Disruptor legte er nicht nieder. So lange er nicht wußte, wem er da vor sich hatte. "Geben sie sich zu erkennen," forderte Sovek streng und mißtrauisch wie nun mal Romulaner waren. "Wer sind sie? Sind sie schuld an das verschwinden dreier meiner Leute." Keras bekam von allem dem nichts mit. Als Aidoann stürzte, war der Riov der Mhi'Fhorthain ins Wrack gegangen. > Dann wandte sie den Blick zu den Männern und fauchte: "Vielleicht > könnte mir einer der Herren mal aufhelfen, statt sich an meiner > prekären Lage zu erfreuen!!!" Rabhan grinste vor sich hin, als er Aidoanns Wutausbruch hörte. Wer immer sie war, sie war ihm irgendwie sympathisch, wie sie da lag, fluchte und versuchte, zwei ihr Fremde herumzuscheuchen. Er war bereits auf dem Sprung, ihr trotz der lauernden Waffe aufzuhelfen, als er den Neuankömmling musterte und dann in seiner Bewegung stoppte. Noch ein Rihannsu! Naja, ein halber beinahe, aber es war einer. In einer Uniform, genau wie die Gefallene. Und es war beinahe amüsant zu sehen, wie er versuchte, ernst und gefaßt zu wirken, wenn er nicht bewaffnet wäre. Und Rabhan hatte definitiv etwas dagegen, im Fokus eines Waffenlaufs zu stehen. Wer war er denn, daß er sich etwas von einer halben Portion sagen ließ! Es war ein wenig wie ein Deja vû - orientierungslose Rihannsu, die mißtrauisch auf einem Planeten herumstolperten, der nicht ihre Heimat war, nachdem.... nachdem ihr Schiff abgestürzt war? "Wir haben niemanden verschwinden lassen und damit auch niemanden Ihrer Leute.", antwortete Rabhan in ebenso mühelosem rihannisch wie Sovek, "Wir sind lediglich Bewohner dieses Planeten. Aber wer sind Sie?" Sovek hatte nichts gesagt, weder sich noch seine Begleiterin vorgestellt. Rabhan verstand das, er hätte ebenso gehandelt. Dennoch fühlte er sich im Recht, den anderen aufzufordern, seine Identität zuerst preiszugeben - immerhin waren sie die "Gäste". Aidoann verdrehte innerlich die Augen. Meine Güte, die erste Begegnung mit Planetenbewohnern und sie saß auf ihrem Hintern und kam nicht hoch - zumindest nicht ohne eine Witzfigur abzugeben. Da wollte ihr nun schon einer helfen und dann kam Sovek mal wieder dazwischen. Sie war davon überzeugt, dass ihnen von diesen Leuten keine Gefahr drohte, aber Sovek musst mal wieder den starken Mann spielen. Aidoann seufzte und beschloss einfach mal, die Sache etwas schneller voranzutreiben. Im Sitzen hielt sie dem ersten Mann, der ihr helfen wollte die Hand hin: "Mein Name ist Aidoann il-Vihorhhin t'Lhoell und ich bin die Kheinsa der ChR Drolae." Sie hoffte, dass er ihr nun endlich aufhelfen würde... und dass der andere Typ, der grad mit Sovek sprach, über ihre blöde Situation nicht mehr so dämlich grinsen würde. Die Frau hatte sich aufgesetzt und streckte ihm die Hand hin. Giellun konnte es kaum glauben, dass wirklich er gemeint war, aber es musste so sein, denn Rabhan verhandelte gerade mit dem Kerl mit dem Disruptor, und sonst war niemand in der Nähe. Nein, kein Zweifel - sie schaute wirklich ihn an, sie meinte ihn. Vorsichtig stieg er die paar Meter auf der anderen Seite des Hügelkamms hinunter, die Hände immer noch ausgebreitet, nicht dass der bewaffnete Offizier noch nervös wurde. Kurz schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, wie idiotisch es wäre, wenn er jetzt selber stolpern und auf die Schnauze fallen würde - aber es passierte nicht, und dann war er unten und auf einmal ging es ganz leicht. Er nahm einfach ihre Hand - nicht zu locker, nicht zu fest - und half ihr auf die Beine. "Ich bin Giellun tr'Lakanth", stellte er sich dann ebenfalls vor. "Wahrscheinlich steht der Name schon eine ganze Weile in der Vermisstendatenbank der Galae." Sie ließ sich einfach hochziehen und freute sich, dass das so gut klappte. Es wäre zu peinlich gewesen, wenn sie auf diesen rutschigen Steinen nochmal hingeflogen wäre. "Vielen Dank für ihre Hilfe", sagte sie und testete vorsichtig, ob ihre Füße ok waren. "Leider sagt mir ihr Name garnichts, aber das will nichts heißen. Ich bin noch nicht so lange auf dem Schiff. Bisher war ich nur auf den Planeten und nicht im Weltraum unterwegs." Sie grinste ihn schief an und hoffte, er hielt sie nun nicht für völlig vertrottelt. Es lief alles nicht Vorschriftsmäßig, aber das war nun mal nicht anders zu erwarten, wenn man auf die Drolae-Crew traf. "Ich gehe mal davon aus, das sie wirklich rihannsu sind und keine Wechselwandler, die die Körperform von rihannsu angenommen haben, um uns zu täuschen," sagte Sovek der sein Disruptor etwas senkte. "Arrain Sovek Gal´Mor tr´Cara, Galae-Offizier der ChR Drolae," stellte er sich kurz und knapp vor. "Ich gehe mal davon aus, das sie mit diesem Wrack abgestürzt sind. War wohl keine sanfte Landung. Es müssen viele diesen Absturz nicht überlebt haben." Giellun kümmerte sich um die junge Frau, da blieb Rabhan wohl der zweite Rihannsu, der nun zwar weiter wachsam, aber nicht mehr so aggressiv wirkte, was vor allem an der gesenkten Waffe lag. "Glauben Sie mir, so ähnlich bin ich auch schon auf die Welt gekommen - ich war bloß ein Stückchen kleiner und hübscher." Rabhan entspannte sich. Für die vorherrschende Situation - Rihannsu trafen sich nach Jahrzehnten zufällig auf einer völlig fremden Welt, nachdem beiden Parteien zuvor das Schiff aus dem Orbit gefallen war - lief es doch eigentlich ganz gut. Er wunderte sich allerdings ein wenig darüber, daß diese beiden allein unterwegs waren, unzureichend bewaffnet und eine davon auch noch die Bordkheinsa, die es nun wirklich nicht oft gab, wenn sich in den letzten zwei Jahrzehnten nicht viel geändert hatte. Entweder war diese Crew sehr sorglos oder sein Gegenüber sprach gerade ein Problem an, das sie selbst erlebt hatten... "Rabhan i-Lianh tr'Amien, ehemals Arrain und im Maschinenraum der Mhi'Forthain beschäftigt. Ein gutes Schiff, aber es hat hier wohl seine letzte Landung durchgeführt. Wir haben nicht alle überlebt, nein, doch vielen gelang es, hier weiterzuleben.", faßte er kurz zusammen. "Mit mehr oder weniger Hoffnung, wieder aus eigener Kraft nach Hause zurückkehren zu können oder zumindest gerettet zu werden. Allerdings habe ich gerade den Gedanken, daß Sie nicht zu unserer Rettung hier sind, habe ich recht?" Giellun ließ Aidoanns Hand los, konnte den Blick aber nicht von ihr abwenden, während sie ausprobierte, ob ihre Beine den Sturz heil überstanden hatten. Ihre letzte Bemerkung irritierte ihn. Glaubte sie, sich dafür entschuldigen zu müssen, dass sie seinen Namen nicht kannte? "Wissen Sie", meinte er, "unser Schiff ist auf den Tag genau vor zwanzig Jahren auf diesem Planeten hier abgestürzt und genauso lang ist es her, seit wir ein Lebenszeichen von der Heimatwelt empfangen haben. Wenn Sie wüssten, wie sehr ich gehofft habe, dass ich diesen Tag überhaupt noch erlebe... Heute ist dieser Tag und da spielt es gar keine Rolle, ob Sie die Datenbank auswendig können oder nicht. Das, was von unserem Schiff noch übriggeblieben ist, liegt gleich hier auf der anderen Seite des Hügels. Hier ist sie runtergekommen, die Mhi'Fhorthain, und wenn Sie einen Blick darauf geworfen haben, wissen Sie, dass sie hier auch verrotten wird. Mit diesem Schiff wären wir nie wieder von hier weggekommen... Wie geht es eigentlich Ihrer Drolae? Und wo ist sie?" "Ich muß sie alle enttäuschen," begann Sovek die Frage von Rabhan zu beantworten, die auch die Frage von Giellun mit einschloß. "Wir sind genauso gestrandet wie sie. Nur unser Pilot konnte einen Totalschaden verhindern. Die Drolae ist intakt, aber nicht flugfähig. Der Planet muß einen gewaltige Anziehungskraft besitzen, das jedes Objekt, das keine Flügel besitzt, wie ein Stein zu Boden fällt." Eine andere Erklärung hatte er im Moment nicht parat. Und die Erklärung fand er irgendwie - brillant. Für jemanden, der noch nie einen Technikstudium gemacht hatte. Aidoann fand es schade, dass Giellun ihre Hand losgelassen hatte. Es war sehr angenehm, von ihm gehalten zu werden... so sanft und doch so fest. Im nächsten Moment wurde ihr fast übel, als ihr bewusst wurde, welches Schicksal nun auch auf sie warten könnt. "Vielleicht gibt es ja eine Möglichkeit, dieses Kraftfeld auszuschalten? Irgendwas?" Sie wandte sich an Giellun: "Sie leben doch schon so lange hier. Wissen sie nicht wo der Ort ist, der diese Energien steuert?" Sie merkte selber, dass ihre Stimme fast ein wenig verzweifelt klang. >> Bei der ChR Drolae << > "Oh... dann sind Sie also gar nicht wegen der Mhi'Fhorthain gekommen?" > > Ihr romantisches Bild von den tapferen Rettern, die jahrelang auf der Suche > nach den Vermissten das Weltall durchkämmt hatten, begann zu bröckeln. Nutala war nicht entsetzt über die Erkenntnis, das es sich offenbar um Romulaner handelte. Sie war ... es machte ihr Angst. Das bedeutet ja noch mehr Romis die zwischen ihr und IHREM Schiff standen. Wie würde sie nun die wieder los? Ach ja, nebenbei befragte sie ihren Tricorder was der Schiffscomputer so über diese erwähnte Mhi'Fhorthain wuste. Enttäuschung.... Das Mädchen vor ihm wirkte enttäuscht, als es seine Antwort gehört hatte. Aber was davon war es gewesen? Die Erwähnung, daß ihre Sturzlandung nur ein Zufall gewesen war? Daß er kein geheimnisvolles Alien war, sondern sehr vertraut aussah und die gleiche Sprache sprach? Oder hatte sie - so denn sie es schon mit Rihannsu zu tun bekam - eine korrekte Ansprache erwartet, wie sie für Erstbegegnungen vorgesehen war? Yaros mußte sie leider in allen drei Punkten enttäuschen. "Die Mhi'Forthain? Meinst Du... ein Schiff? Eines wie dieses hier?" Es war geraten; Yaros wußte nicht, ob es ein Schiff mit diesem Namen gegeben hatte und noch viel weniger, daß eines vor zwei Jahrzehnten verschwunden war. Wenn man ganz genau hinsah, hatte das Mädchen auch etwas an sich, das nicht vollkommen rihannisch war. Ein Mischwesen? Eine halbe Rihannsu? Das war nun eine gänzlich seltsame Vorstellung und nur schwer zu begreifen. Der Mann sah Livna immer noch freundlich und geradeheraus ins Gesicht, aber es war offensichtlich, dass er mit ihrer Frage nicht viel anfangen konnte. Nein, von der Mhi'Fhorthain hatte er bestimmt noch nie etwas gehört. Livna erwiderte seinen Blick und versuchte, weiter zu lächeln, aber sie merkte selbst, dass es ihr nicht richtig gelang. Verlegen wandte sie sich halb von ihm ab. "Die Mhi'Fhorthain war ein rihannisches Schiff", erzählte sie dann. "Sie sah ganz ähnlich aus wie Ihres. Und sie ist auch auf unserem Planeten abgestürzt, aber das ist schon 20 Jahre her. Das Wrack gibt es noch, aber es ist völlig hinüber." Sie gab sich einen Ruck und wandte sich dem Mann wieder zu. "Mein Vater ist damals Offizier an Bord gewesen." Das war des Rätsels Lösung! Yaros setzte im Geiste die Puzzleteile richtig zusammen. Sie waren nicht auf eine verlorene Kolonie gestoßen, aber auf die Überlebenden einer Havarie. Bestimmt ließ sich die Mhi'Forthain in der Liste der im Einsatz vermißten Schiffe auffinden. Und hier lag es, auf einem Planeten, der der Drolae augenscheinlich das gleiche Schicksal beschert hatte. Wenn es wirklich so war... dann saßen sie hier fest? Immerhin mußte diese andere Crew versucht haben, wieder von hier wegzukommen. Oder war es zu sehr zerstört, um noch einmal reaktiviert zu werden. Yaros hatte einen Haufen Fragen, die er dieser anderen Crew gern stellen würde. "Ich würde mit Deinem Vater gern einmal sprechen, wenn das möglich ist. Oder jemand anders, der damals auf der Mhi'Forthain war. Meinst du, das wäre realisierbar?" Doch da war noch etwas anderes... Er musterte seine Gegenüber noch einmal genauer. Eine hübsche, junge Frau war sie, die vertraut heimatlichen Züge irritierten auf einer fremden Welt wie dieser hier. Aber wenn der Vater vor zwanzig Jahren Crewmitglied auf der Mhi'Forthain gewesen war...? Er biß sich auf die Lippe, bevor die Frage nach der Herkunft ihrer Mutter ausgesprochen war. Stattdessen aktivierte er seinen Kommunikator. "Yaros an Sovek. Ich habe hier etwas... jemanden entdeckt, der uns einen überraschenden Besuch abstatten wollte. Es wäre wohl eine gute Idee, wenn ihr ebenfalls vorbeischaut." Eine Bewegung hinter ihm erinnerte Yaros daran, daß er nicht allein hier draußen war. Er winkte Nutala heran. "Und wo wir gerade bei Schiffsbesatzungen sind.... dies ist unsere Pilotin Nutala. Und Livna, eine Bewohnerin dieses Planeten." Die letzten worte hatte Yetan mitbekommen. Grinsend, weil sie sich ihres Auftritt bewusst zu sein glaubte trat sie um das Schiff herum. "Jol'ah, Junge. Ich bin erei'Riov Yetan na'Mairbhe t'Atlai. Freut mich sie zu treffen... Ihr Name ist Yaros?" Ob es realisierbar wäre, dass der freundliche Mann einmal mit ihrem Vater sprechen konnte? Na, und ob! Livnas Augen begannen wieder zu leuchten, denn im Geiste sah sie die Crew dieses Raumschiffes bereits bei ihnen zu Hause auf der Terrasse sitzen, bei einem Buffet vom Feinsten, das ch'Athann zu bieten hatte und bei dessen Vorbereitung sie selbstverständlich eine große Rolle, vielleicht sogar die Hauptrolle, übernehmen würde... "Ich glaube, es wäre meinem Vater eine Ehre... und mir auch!" bekräftigte sie entschlossen, als der Mann auch schon sein Sprechgerät zückte, um einen gewissen Sovek und die anderen darüber zu informieren, dass er sie, Livna, hier entdeckt hatte. - In diesem Moment erblickte sie die Katze. Es war ihr unbegreiflich, wie die Katzenfrau so dicht hinter Yaros heran- gekommen sein konnte, ohne dass sie sie bemerkt hatte. Gab es denn auf jedem rihannischen Raumschiff so ein besonderes Crewmitglied? Livna musterte die Katze - Nutala - fasziniert, aber noch mehr besorgt. Sie trug eine Schusswaffe und strahlte, ganz anders als der charmante Faolchu, etwas ziemlich Bedrohliches aus. Ihr Fell schimmerte und glänzte und sah aus, als würde es vor Spannung knistern, sobald eine Hand sich ihm auch nur näherte. Die Katzenaugen mit den schlitzförmigen Pupillen wirkten so kalt... Livna spürte, wie sie eine Gänsehaut bekam. Würde Nutala wohl auch mit ihrem Vater sprechen wollen? "Aefvadh hrrau ch'Athann, Nutala", sagte Livna auch zu ihr, aber es kam viel leiser und zaghafter heraus als vorhin bei dem Mann, und sie wagte es nicht, den Blick von der Waffe zu nehmen, die die Katze trug. "Kö... können Sie bitte vielleicht dieses Ding da weg tun?" Nutala las die Daten über dieses Mhi'Forthain auf ihrem Pad und informierte dann Yaros darüber; "Der Bordcomputer bestätigt die Angaben über die Mhi'Forthain." Dann vernahm sie die bitte ihre Waffe abzulegen und antwortete mit einem gefauchten "Nein". > "Und wo wir gerade bei Schiffsbesatzungen sind.... dies ist unsere > Pilotin Nutala. Und Livna, eine Bewohnerin dieses Planeten." Die letzten worte hatte Yetan mitbekommen. Grinsend, weil sie sich ihres Auftritt bewusst zu sein glaubte trat sie um das Schiff herum. "Jol'ah, Junge. Ich bin erei'Riov Yetan na'Mairbhe t'Atlai. Freut mich sie zu treffen... Ihr Name ist Yaros?" Yaros hatte sich auf eine mögliche Antwort von Sovek konzentriert, so daß ihn Yetans Auftritt überraschte. Rihannisch, kein Zweifel, nur viel älter als Livna. Ein Crewmitglied? Yaros sah zwischen den beiden hin und her. Nein, eine Familienähnlichkeit konnte er nicht finden - auch die Namen waren zu unterschiedlich, wie er sich erinnerte. Für einen Moment ließ er Nutala aus den Augen, um sich Yetan widmen zu können. "Seien Sie mir gegrüßt. Ja, mein Name ist Yaros. Gibt es hier nur Sie zwei oder kann ich mich auf weitere Begegnungen freuen?" Als die Katze sie anfauchte, wich Livna zurück und hob beschwichtigend die Hände. "Schon gut", murmelte sie, "war ja nur eine Frage..." Sie traute sich immer noch nicht, den Blick von der Waffe zu nehmen, hörte aber, wie der Mann und Yetan miteinander sprachen. Du lieber Himmel, Yetan! Livna spürte einen kräftigen Stich schlechten Gewissens. Da plauderte sie in aller Ruhe mit dem Mann - Yaros, er hieß Yaros, erinnerte sie sich -, erzählte Geschichten von der Mhi'Fhorthain und traf Verabredungen für ihren Vater - aber es war ihr nicht eingefallen, Yetan zu rufen und sie mit den Neuankömmlingen bekannt zu machen. Nun hatte Yetan ganz offensichtlich zur Selbsthilfe gegriffen... Die Peinlichkeit wog sogar stärker als ihre Angst vor Nutalas Wumme. Mit knallgrünem Gesicht drehte sich Livna zu Yetan und Yaros um. "Yetan..." war alles, was sie herausbrachte. Was trieb Sovek nur wieder? Während Yaros auf eine Meldung von ihm wartete, wurde er allmählich ungeduldig. Konnte ihnen etwas zugestoßen sein? Yaros schwor sich, daß ihm das in Soveks Fall völlig ungerührt lassen würde - was mußte er auch hier herumspazieren und das bereits zum zweiten Mal? Aber wehe, er hatte zugelassen, daß Aidoann etwas passiert war! Yaros war von Anfang an dagegen gewesen, daß er die junge Kheinsa mitnahm, auch wenn diese selbst davon überzeugt war, daß sie dies auf die Reihe bekam. Und Sovek allein loszuschicken, war einfach keine Option gewesen. Es bestand kein Zweifel, Yaros wünschte sich definitiv, das Kommando und die damit verbundene Verantwortung wieder loszuwerden. Er wollte gar nicht darüber nachdenken, wie viele Fehlentscheidungen er in den letzten Stunden getroffen hatte... In diesem Moment meldete sich sein Tricorder mit einem unaufdringlichen Piepsen und er warf einen kurzen Blick darauf, bevor er furchtbar erschrak. Die Krankenstation! Er hatte den Computer angewiesen, ihm zu melden, wenn sich etwas an den Werten der Überwachungsgeräte änderte. Etwas passierte dort mit Rhuissa; allerdings wußte er nicht, ob es ihr besser ging oder sie starb. Er schluckte hart. Dies war definitiv nicht die Situation, in der er einfach gehen konnte, um irgendwem anders die Kontrolle zu überlassen. Sovek hatte noch nicht geantwortet, sie wußten nicht, wo sich ihre restlichen Crewmitglieder befanden, Nutala konnte er nicht allein lassen.... Wenn sie jetzt an Bord wären, könnte er sich zumindest darüber informieren, ob es eine Lebensform auf der Krankenstation gab. Es war diesen chaotischen Gedanken zu verdanken, daß er die Fähigkeit zur Rationalität ein wenig verlor. "Wie wäre es, wenn wir unsere... Gäste mit in den Konferenzraum nehmen? Dort läßt es sich sicher besser miteinander reden." Als der Tricorder von Yaros piepste, zuckte Nutala zusammen und der Disruptor sprang in ihre Hand. Da es eigentlich keine wirkliche Gefahr gab, tat Nutala nun so, als hätte sie sich nicht zu Tode erschrocken. "Verstanden ... zum Konferenzraum" Irgend etwas stimmte hier nicht, warum sollte Yaros einen Tricorder benutzen? Selbst seine Bücher benutzte er sonst nur als Kopfablage. >Die Peinlichkeit wog sogar stärker als ihre Angst vor Nutalas Wumme. >Mit knallgrünem Gesicht drehte sich Livna zu Yetan und Yaros um. >"Yetan..." war alles, was sie herausbrachte. "Alles in Ordnung..." Yetan trat zu ihr und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. "Im Moment sind nur wir beide hier unterwegs... Ich war Wissenschaftsoffizier und arbeite jetzt als Geologin... Und ihr Absturz ist mir nicht verborgen geblieben... Sagen sie, sind sie zweimal aufgeschlagen, ich habe da zwei Kurven... Es würde mich nur interessieren, nicht daß ich eine interessante tektonische Aktivität ihretwegen übersehe." Sie lächelte und das machte es deutlich, daß sie nicht alles ganz ernst nahm. "Auf jeden Fall freut es mich, wieder Rihannsu zu sehen. Und es haben noch einige mehr aus der Crew überlebt, aber wir haben uns über den Planeten verstreut, hier in der Stadt sind es nur einige von der Führungscrew." Nutalas Waffe ignorierte sie offensichtlich... Irgendetwas musste gerade passiert sein, jedenfalls schaute Yaros völlig verstört auf das Gerät in seiner Hand - nicht das Sprechgerät, das andere - und die unheimliche Katze hatte die Pfote schneller am Abzug, als Livna schauen konnte. Livna hatte keine Ahnung, was los war, sie begriff nur, dass Yaros und Nutala vorhatten, Yetan und sie selbst in diesen Konferenzraum zu bringen. Aber warum so plötzlich? Zum ersten Mal, seit sie Yaros kennengelernt hatte, hatte sie das Gefühl, dass er etwas verbarg, und das machte ihr Angst. Was hatten die beiden vor? Dazu noch die Waffe... Wenn Nutala so schnell schießen konnte, wie sie gezogen hatte, dann konnten Yetan und sie das Wegrennen komplett vergessen... Livna spürte Yetans Hand immer noch wohltuend ruhig auf ihrer Schulter liegen. Sie drehte den Kopf zu ihr um und flüsterte bange: "Was haben die denn auf einmal? Und was hat Yaros da für ein Gerät? Ich geh da nicht mit!" Die war ja süß, Nutala musste grinsen. "Sie werden mitkommen!!!!!!!" und ganz leise fing Nutala an zu knurren. Nach außen gab sie die Eiskalte Killerin, war sie ja auch. (Rulps) Doch in sich, da überlegte sie, was das Signal von Yaros Tricorder beuten mag. Was konnte so wichtig sein? Also mit der Arbeit hatte es bestimmt nichts zu tun. "Keine Angst, das Gerät gehört zur Standartausrüstung, auch wenn dieses hier wohl ein wenig neuer ist als die die wir damals hatten... Es ist sozusagen für ales gut, ein Universalmessgerät, geeignet zur Datenübertragung und vielem mehr... Eines bildet auch die Grundlage für meine Messtation... Und ich denke wir sollten mitkommen, es ist normal in meiner Kultur Gäste im Konferenzraum zu empfangen." Sie lächelte, aber nun mischte sich ein gewisser Ernst zusammen mit etwas Wehmut unter ihre sonst so leichte Unbekümmertheit. Es war die Aussicht ein intaktes Schiff zu betreten, dieser sehr alten Normalität mit ihren starren Regeln einen Besuch abzustatten... Dies veränderte sie ein wenig, und zeigte vielleicht auch daß sie vor dem Absturz eine andere gewesen war... Wenn sie selbst etwas an der Situation beunruhigte, so zeigte sie es zumindest nicht. Yetans Erklärungen beruhigten Livna, aber nur ein bisschen. Yaros' Gerät war also harmlos und es war normal für Rihannsu, Gäste im Konferenzraum zu empfangen. Das war ja alles schön und gut, aber merkte Yetan denn gar nicht, wie Nutala die ganze Zeit mit ihrer Waffe herumspielte, fauchte und knurrte? Oder war das in der rihannischen Kultur vielleicht auch ganz normal?! Da Yetan weder taub noch blind noch begriffsstutzig war, musste Livna wohl davon ausgehen, dass sie es nicht für sonderlich gefährlich hielt und es absichtlich ignorierte. Und für Yaros galt dasselbe. Der verlor auch kein einziges Wort darüber und tat so, als wäre nichts. Livna sah das anders. In IHRER Kultur war es jedenfalls NICHT normal, Gäste mit vorgehaltener Knarre ins Wohnzimmer zu bitten. Sicher, es gab verrufene Gegenden in der Stadt, wo bewaffnete Gangster herumliefen - dort machte man das vielleicht so, aber nicht bei normalen Leuten. Und Livna fühlte sich von Nutala entschieden bedroht. Wegrennen war ausgeschlossen, Nutala würde sie abknallen, wenn sie Lust dazu hatte. Und Yetan und Yaros sahen keine Gefahr, oder sie ignorierten sie. Sie würden nichts unternehmen. In dem Moment, als Livna das klar wurde - dass ihr die Flucht abgeschnitten war und sie sich entweder mit Nutalas Wumme im Rücken zum Konferenzraum führen lassen konnte wie eine Gefangene oder sich JETZT dagegen wehrte, auf die Gefahr hin, erschossen zu werden - stieg eine so heftige Wut in ihr auf, wie sie sie an sich selbst kaum kannte. Und sie entschied sich für den Heldentod, ohne zu zögern. "Wenn Sie wollen, dass ich mitkomme, dann nehmen Sie ihre Knarre runter, Nutala, und zwar jetzt gleich! Es ist mir egal, ob das hier außer mir alle normal finden! Nehmen Sie sie runter, haben Sie gehört!" Yaros fand es ungemein erleichternd, daß die Ältere der Neuankömmlinge sein Vorgehen als üblich erklärte. Offenbar kannten sich die beiden und vielleicht würde es Livna leichter fallen, ihr zu glauben. Wenn sie nur bald auf das Schiff kamen... Einen ähnlichen Gedanken hegte offenbar auch Nutala, die in ihrer Aufforderung das "bitte" vermissen ließ. Nun ja, die Katze reagierte häufig etwas ruppig, wenn sie der Meinung war, jemand hätte in ihren Freßnapf gespuckt. Ob es diese Welt war, die Landung darauf oder Yaros' vorausgehende Aufforderung, daß Nutala als erstes das Schiff verlassen sollte, er wußte es nicht und es war ihm auch egal. Solange sie nur möglichst bald gingen! Wo blieb Sovek eigentlich? Doch in diesem Augenblick meldete sich Livna wieder zu Wort und Yaros hatte Mühe, sich zwischen einer hochgezogenen Augenbraue und einem amüsierten Lächeln zu entscheiden. Er wandte sich zu Nutala um und musterte sie kurz. Gut, daß er sie aufgefordert hatte, nicht gleich ihre komplette Ausrüstung mitzunehmen - jene, die auch einen Schutzanzug für die Schützin zu erfordern schien - und die deshalb nach Drolae-Standard geraten war. Aber Livna hatte recht. Da hatten sich weder sie noch ihre Begleiterin aggressiv oder bedrohlich gezeigt und trotzdem standen sie im Waffenfokus einer Lebensform, die überdies den Anschein hatte, sich auch gut ohne jegliche Waffe verteidigen zu können. Und deshalb grinste er Nutala kurz an, als er ihr in ruhigem Ton sagte: "Das Mädchen gefällt mir, klingt schon fast, als wäre sie bereits länger bei uns. Tun Sie ihr den Gefallen, Nutala, und begleiten Sie uns in den Konferenzraum ohne den Disruptor im Anschlag. Sie dürfen auch zuletzt gehen, dann haben Sie niemanden im Rücken." "Verstanden." Nutala beschäftigte sich noch immer mehr mit Yaros Tricorder,a ls mit den Gefangenen. Warum sollte man auch nur einen Gedanken mehr als Nötig an diese Sklaven verschwenden. Also steckte sie ihre Waffe weg, wie ihr ihr Momentaner Riov befahl. Nun stand Livna ziemlich verblüfft und bedröppelt da, weil es so absolut einfach gewesen war und ihr Wutausbruch keine Folgen gehabt hatte außer den erwünschten... Sie war sich nicht sicher, ob sie gerade etwas vollkommen Absurdes erlebte oder etwas fürs Leben gelernt hatte... Auf jeden Fall zuckte sie mit den Schultern, breitete die Hände aus, grinste und sagte: "Super, danke! Dann bin ich dabei." ------------------------------------------------------------------------ ---[ Auf der ChR Drolae ]--- >> Krankenstation / Deck 2 << 'Ich bin nicht Sevennah!' Rhuissa wußte es. Ihr Geist war frei. Sevennah war fort. Eine Weile lag sie ruhig da. Die Leere fühlte sich so erholsam an, so verführerisch. Sie versuchte nicht, sich an etwas zu erinnern, sie ließ die Leere in ihrem Geist zu. Rhuissas Atem war wieder gleichmäßig geworden, wie im Tiefschlaf. Ganz langsam schob sich ein angenehmes Gefühl in ihr Bewußtsein. Gras unter ihren Fußsohlen. Kitzelnde weiche Grashalme, die sanft raschelnd ihre Füße umstrichen. Ein Käfer, der über ihren Arm krabbelte. Winzige Insektenbeinchen auf sonnengewärmter Haut. Es waren Rhuissas eigene Erinnerungen, ihre eigenen Sinneserfahrungen, die aus der Dunkelheit ihres Geistes zurück kehrten. Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit auf Ch'Rihan. Sie war auf der Drolae. Beißender Rauch stieg ihr in die Nase. Zerstörung überall. Rhuissa kämpfte sich durch den Korridor. Es brannte in der Krankenstation. Yaros war in Lebensgefahr, eingeschlossen hinter einem klemmenden Türschott. Sie wollte ihn retten, ihn und alle anderen. Wenn sie doch nur etwas Ale zu trinken hätte! Auch das war lange her. Sie mußte erneut kämpfen. Um ihren Geist, um ihre Identität. Um ihr Bewußtsein. Um Yaros und um die Drolae. "Ich bin Riov Rhuissa il-Faeoh t'Ainama, Kommandantin der ChR Drolae!" Sie wußte nicht, ob sie es gesagt oder nur gedacht hatte. Doch es hatte seine Wirkung getan. Rhuissas Augen waren offen. Sie lag auf der Krankenstation der Drolae. Sie wußte wer sie war und wo sie war. "Yaros? Bist du hier?" flüsterte sie. Ihre Kehle fühlte sich trocken an. Rhuissa merkte, das sie gern etwas trinken wollte, ein Glas kühles frisches Wasser, das wäre wunderbar. Rhuissa lauschte den vertrauten Geräuschen der Krankenstation. Alles war wie sonst, nein, etwas war anders. Von Yaros war nichts zu hören. Seine Stimme, seine Schritte, sein Atem wenn er schlief. Er war nicht da. Ein leises Scharren kleiner Pfoten und ein klägliches Fiepen verriet ihr, das Yaros kleine Schützlinge wohlauf waren, wenn auch vielleicht etwas hungrig oder etwas einsam. Sie vermißten wohl ihren großen Beschützer. Rhuissa lächelte. Ja, sie vermißte ihn auch. Auf eine seltsame weise fühlte sie sich dadurch mit den kleinen fremdartigen Wesen im Nebenraum verbunden. Rhuissa lag ein paar Atemzüge lang still. Dann versuchte sie Vorsichtig sich umzusehen. Erleichtert wurde ihr klar, das sie sehen konnte. Keine Unschärfe, kein Flimmern, keine schwarzen Flecken und schwindelig wurde ihr auch nicht. Es war alles so normal, das Rhuissa sich darüber wunderte. Sie wußte, das sie weit fort gewesen war, vielleicht sterbend. War wirklich alles wieder normal? Das konnte doch eigentlich nicht sein? Und doch, die Krankenstation sah so vertraut aus wie immer. Langsam hob sie ihre rechte Hand, betrachtete, wie sie ihre Finger bewegen konnte. Ihre Muskeln gehorchten ihr. Ob sie sitzen konnte? Ganz vorichtig versuchte sie es. Sie richtete sich auf. Und diesmal wurde ihr leicht schwindelig. Mit den Armen stütze sie sich ab. Noch während sie das Gefühl des Schwindels bewußt wahrnahm genoß sie die Stärke ihrer Arme. Ihre Muskeln hatten offensichtlich keinen Schaden erlitten, wenigstens keinen schweren Schaden. Im selben Augenblick wurde ihr klar, das es nicht nur Yaros war, den sie nicht hörte. Auch die leisen Geräusche des Warpantriebs fehlten. Ebenfalls war kein Impulsantrieb zu hören. Sie erschrak. Was ging vor auf der Drolae! Wenn sie doch nur einen Kommunikator hätte! Yaros, wo war er nur! >> Auf dem Weg zum Konferenzraum << > ob sie gerade etwas vollkommen Absurdes erlebte oder etwas fürs > Leben gelernt hatte... Auf jeden Fall zuckte sie mit den Schultern, > breitete die Hände aus, grinste und sagte: > "Super, danke! Dann bin ich dabei." Yaros grinste. "Gut. Dann kommt mit." Mit diesen Worten deutete er in die Richtung, aus der er mit Nutala gekommen war und wartete, bis die anderen drei sich ihm anschlossen. Er ging um das Schiff herum, bis sie an der offenen Shuttlehangar-Klappe ankamen. "Willkommen an Bord.", kommentierte er und wartete darauf, daß ihre Gäste vorangingen. Nutala hatte eigentlich vorgehabt 'hinter' den Gästen zu gehen, um sie notfalls sofort erschießen zu können. Doch da Yaros ihr deutlich mit seinem zurückbleiben signalisierte voranzugehen, führte sie die Gruppe in die tiefen ihres Schiffes. Sie führte die Gruppe also zum Konferenzraum, auch wenn sie lieber die Zellen oder Speisekammer gewählt hätte. he he Livna war froh darüber, dass Nutala vorausging - so würde sie es wenigstens mitkriegen, wenn die Katze wieder anfing, mit ihrem Disruptor herumzufuchteln. Sie folgte ihr in respektvollem Abstand. Yaros' Worte hatten so geklungen, als ob Nutala es nicht mochte, wenn jemand hinter ihr ging. Es war zwar gut zu wissen, dass es Dinge gab, vor denen sogar Nutala sich fürchtete, aber Livna wollte ihr trotzdem nicht den geringsten Anlass geben, sich aufzuregen. Es war ein ehrfürchtiger Moment, als sie ihren ersten Fuß auf die Bodenplatten des Shuttlehangars setzte und hineinging. Sie war natürlich schon öfter mit ihrem Vater bei der Mhi'Fhorthain gewesen und hatte als Kind auch ab und zu dort gespielt. Aber die Mhi'Fhorthain war schon in ihren frühesten Erinnerungen ein überwuchertes Wrack und alles darin war dunkel, leer und und kaputt. Dieses Schiff hier war bis vor ein paar Stunden noch geflogen, es gab eine Mannschaft und egal warum es notlanden musste, die Bordsysteme schienen in Betrieb zu sein. Die Korridore waren erleuchtet, und wo es Anzeigetafeln gab, an manchen Türen zum Beispiel, leuchteten auch sie. Livna musste sich zusammenreißen, um nicht alle paar Meter stehenzubleiben und irgend etwas anzustaunen, das für die anderen völlig normal war. Außerdem musste sie aufpassen, wohin Nutala ging. Die Faszination der Jüngeren entging Yaros nicht, auch wenn er sie nicht direkt beobachtete, sondern lediglich hin und wieder mit einem Blick streifte. Im Gegensatz zu ihrer älteren, ruhigen und vor allem selbstsicheren Begleiterin Yetan wirkte Livna mit jeder Faser, als würde sie mit jedem Schritt ein phantastisches Neuland betreten. Hatte ihr Vater viel von der glorreichen aktiven Zeit erzählt? Hatte er sie eingeweiht in die Faszination, die so viele an Bord spürten, wenn sie eine Aufgabe hatten, die sie liebten und gern erfüllten? Yaros war niemand von ihnen; es war nie sein Wunsch gewesen, mit einem Raumschiff durch das Weltall zu streifen - schon gar nicht mit einem wie diesem. Und dennoch, er hatte Rihannsu kennengelernt, die mit einem Leuchten in den Augen von ihrer Arbeit erzählten... War Livnas Vater so jemand? Fast erwartete Yaros, daß Livna irgendwo stehen blieb, um ehrfürchtig die Hand auszustrecken und die Wand zu berühren. Nach einer kurzen Turboliftfahrt - offenbar auch etwas Neues für Livna - waren sie auch bald am Konferenzraum angekommen. Wie erwartet, wirkte er leer und verlassen und Yaros deutete mit einer ungenauen Geste auf die Stühle, die dort um den langen Tisch verteilt standen. "Bitte, setzen Sie sich." Wie er es ursprünglich vorgehabt hatte, ging er nun zu einer Computerkonsole und gab einen Befehl ein, der ihm die Lebenszeichen der Krankenstation anzeigte. Natürlich, die beiden Tiere, aktiv und fit... Nein! Nicht nur diese beiden waren dort aufgeführt. Fast hätte er es übersehen, weil er nicht erwartet hatte, daß sich an Rhuissas ruhig dahinziehenden Biowerten irgendwas geändert hätte. Aber es hatte sich etwas geändert und das gründlich! Etwas geschah dort. Neue Ausflüge in die Phantasiewelt? Oder sollte sie wirklich erwacht sein? Er biß sich auf die Unterlippe, während er eine Entscheidung zu treffen versuchte. Sie waren hier mit zwei Fremden, deren Potential und Absicht sie bisher nicht kannten. Sie machten einen harmlosen Eindruck, aber das konnte natürlich auch nur ein Eindruck sein. Nutala war zwar in der Lage, sich gut zur Wehr zu setzen, aber schaffte sie es auch gegen zwei? Er konnte sie jetzt nicht durch das Schiff schicken, um sich nach ihrem Geschmack zu bewaffnen. Und er selbst? War zwar der Arzt an Bord, aber auch derjenige, der zur Zeit das Kommando in Händen hielt, solange Sovek nicht wieder auftauchte. Und wo der abgeblieben war... Vielleicht hatte ihn der Comruf nicht erreicht, vielleicht war ihm und Aidoann etwas zugestoßen. Wie würde Rhuissa entscheiden? Verzweifelt versuchte er, eine logische und richtige Entscheidung zu treffen, was ihm unendlich schwer fiel. Nutala allein lassen, auf Soveks eventuelle Rückkehr warten? Es gab keine richtige Lösung. Letztlich straffte er sich und wandte sich wieder zu den Anwesenden um. "Ich muß Sie für eine kurze Zeit allein lassen und belasse Sie in der Obhut unserer Pilotin. Es wäre mir lieb, wenn Sie keine Gewalt anwenden müßte." Wirkte das oder klang es eventuell völlig albern? Egal, er mußte etwas tun. Nachdem er ein paar Schritte auf Nutala zugegangen war, fügte er leiser für sie hinzu: "Diese beiden haben nur in diesem Raum zu bleiben, bis ich zurückkehre, verstanden? Sie haben die Erlaubnis, jedes Mittel anzuwenden, um sie an einem Versuch zu verhindern, den Raum zu verlassen. Dennoch wäre ich dankbar, wenn ich bei meiner Rückkehr insgesamt drei Lebende vorfinde, daß mir das klar ist. Ich beeile mich. Trinkt ein Glas Milch zusammen oder so." Mit diesen Worten verließ er auf gerader Strecke den Konferenzraum und strebte ein zweites Mal den Turbolift an, um sich diesmal zur Krankenstation bringen zu lassen. Sobald er auf dem Weg war, kannte er nur einen Gedanken. Irgend etwas passierte gerade mit Rhuissa und er mußte wissen, was es war. >> Konferenzraum / Deck 1 << Nutala fehlten die Worte, was sollte sie mit den beiden Machen? Sie redete so selten mit ihrem Essen. "Äh, nun haben wir wohl etwas Zeit. Erzählen sie doch mal, was machen sie hier auf dem Planeten, womit vertreiben sie sich hier so die Zeit?" >> Vor der Krankenstation / Deck 2 << Vor der Tür verharrte er. War er auch zielstrebig hierher gelangt, überkamen ihn plötzlich Zweifel, was er zu erwarten hoffte. Was, wenn Rhuissa nicht erwacht war? Nie erwachte und sich ewig in diesem Zwischenzustand befinden würde, in dem ihr immer wieder Sevenah und andere Alpträume begegneten? Wovor hatte er wirklich Angst? Er konnte sich die Frage nicht endgültig beantworten. Wollte er sie erwacht sehen? Wünschte er sich, daß sie diese anstrengende, neue Situation einfach verschlief? Viele Fragen, keine Antworten... Er schluckte, raffte sich zusammen und trat dann mit zwei großen Schritten durch die Tür - um dort wie angewurzelt stehen zu bleiben. "Rhuissa!", war das erste und einzige Wort, das ihm einfallen wollte bei dem Anblick, der sich ihm bot. "Yaros!" rief Rhuissa erleichtert. Über ihr Gesicht bereite sich ein erleichtertes Strahlen aus. Sie war glücklich ihn zu sehen. Ruhiger sprach sie weiter. "Ich glaube, ich war ziemlich lange und ziemlich weit weg. Aber jetzt fühle ich mich wach. Ich kann sehen, hören, mich bewegen und sprechen." Noch einmal wurde Rhuissa klar, das diese Dinge, die ein Leben lang selbstverständlich waren, wenn sie morgens aufwachte, ihr diesmal erwähnenswert erschienen. Ihr war, als wunderte sie sich immer noch ein bißchen darüber. Ihr Schwindelgefühl war fast wieder verschwunden, ihr Körper schien sich daran zu gewöhnen, das sie saß. Rhuissa lockerte die Spannung in ihren Armen und stützte sich nun nicht mehr. Yaros, wie schön seine vertraute Gegenwart war! "Was ist passiert? Mit mir? Und mit der Drolae? Ich kann alles hören, nur den Warpantrieb nicht, auch keinen Impulsantrieb? Wie lange war ich überhaupt ... bewußtlos?" wollte sie wissen. ............ Ende der Chronik ............ ------------------------------------------------------------------------